Bevor ein neues Segel gefertigt werden kann, wird das Segeldesign (die Formgebung) dafür entwickelt. Um dieses Design zu bewerten, nutzen wir Segelmacher der Allianz deutscher Hersteller den Twist-Flow-Windkanal der Fachhochschule Kiel.
Der Twist-Flow-Windkanal eröffnet uns die Möglichkeit, unsere Segeldesigns im Modell zu prüfen, die Leistung unserer Segel zu ermitteln und dann zu optimieren.- Die FH Kiel, genauer gesagt die „Yacht Research Unit Kiel“, bietet uns mit dem Windkanal Prüf- und Vorhersagetechniken auf höchstem technologischen Niveau, wie es auch internationale Profi-Segelsportkampagnen nutzen.
Wie funktioniert der Windkanal?
Der Twist Flow Windkanal in Kiel ist zweistöckig aufgebaut. In seiner unteren Ebene erzeugen zwei riesige Turbinen den erforderlichen Luftstrom. Durch mehrere Kammern und Gitterkonstrukionen wird die Windströmung dann gleich gerichtet, bis sie auf der oberen Ebene durch eine vertikale Lammellenkonstruktion auf das zu untersuchenden Segelmodell trifft. Die Lammellen lassen sich verformen, so dass ganz spezielle, der Realität entsprechende, in der Höhe veränderte Windströmungen (Twist Flow) erzeugt werden.
Das oder die zu untersuchenden Segelmodelle sind auf einer maßstäblich angepassten Modellsegelyacht (Masthöhe ca. 1,80m) gesetzt, können dort für unterschiedliche „Kurse“ geschotet und getrimmt werden. Die Modellyacht selbst steht auf einer Messwaage, einem extrem sensiblen Dynamometer als Herzstück der Anlage, das die Vortriebs- und Querkräfte misst.
Aus den Messdaten werden schlussendlich die Leistungswerte der Testsegel errechnet, die in Segelkraftpolaren graphisch dargestellt werden. Diese finden dann Eingang in eine Geschwindigkeitsprognose für die Yacht, deren Ergebnis wiederum in einem Polardiagramm dargestellt wird. Letzteres zeigt nicht nur die erreichbare Geschwindigkeit einer Yacht auf allen denkbaren Kursen, sondern auch, welche Segel unter welchen Bedingungen gesetzt werden sollten.
Was untersuchen wir ADS-Segelmacher im Windkanal?
Im Kieler Twist Flow Windkanal testen wir Segelmodelle für Dickschiffe, aber auch für Jollen. Unter anderem haben wir dort sowohl Segel für eine klassische 12mR-Yacht (70´) untersucht und weiter entwickelt, als auch die Effizienz unterschiedlicher Segeltypen und -größen für einen modernen 50´ Neubau geprüft.- Mit dem Ergebnis konnten wir bereits im Modellstadium die Segelabstufung optimieren und auch den geplanten Segelsatz für den Eigner reduzieren.
Zu den häufigen Testobjekten gehören insbesondere auch unsere Raumwind-Segel:
die Spinnaker.
Aus dem Windkanal erhalten wir – wie beschrieben – die Vortriebs- und Krängungskräfte der Spis in Abhängigkeit vom scheinbaren Windeinfallwinkel. Damit wird es möglich, einen Spinnaker gezielt für einen bestimmten Kurs und eine bestimmte Windgeschwindigkeit auszulegen. – So unterscheiden sich die symmetrischen und asymmetrischen Reacher („S3“ und „A3“) und Runner („S2“ und „S4“) vor allem darin, dass sie ihren maximalen Vortrieb bei unterschiedlichen Windeinfallswinkeln erzeugen.
Mit Hilfe des Twist Flow Windkanals können wir aber nicht nur bestimmte Spinnakerformen ihrem Einsatzbereich zuordnen. Die Formen werden vielmehr auch im Einzelnen optimiert.- So ist es in Zusammenarbeit mit den Strömungswissenschaftlern der Yacht Research Unit Kiel gelungen, den Vortrieb des Runner „S2“ um ca. 12% zu erhöhen. Darüber hinaus ist das neue Segel nun leichter zu trimmen und deckt einen größeren Windeinfallsbereich ab.
Die Ergebnisse des Windkanaltests werden in ein Geschwindigkeitsprognoseprogramm integriert. Daraus lasse sich eine Reihe weiterer Angaben über die Spinnaker ablesen: so etwa die erzielbare Geschwindigkeit im Vergleich für verschiedene Schnitte oder auch der optimale Halsenwinkel.
Fotos:
Fachhochschule Kiel und Faber+Münker